Als Scrum Master bist du früher oder später mit einem zentralen Thema konfrontiert: Impediments. Blockaden. Dinge, die dein Team daran hindern, Wert zu liefern oder effizient zu arbeiten. Viele Scrum Master wissen zwar, dass sie sich um Impediments kümmern sollen – aber die wenigsten haben einen klaren Prozess oder eine bewusste Haltung dazu. Die Folge: Entweder werden Impediments ignoriert, endlos diskutiert oder der Scrum Master wird zum Problemlöser erster Klasse … und damit Teil des Problems.
In diesem Artikel möchte ich dir zeigen:
- Was ein Impediment wirklich ist (und was nicht)
- Wie du dich als Scrum Master richtig dazu positionierst
- Wie du einen funktionierenden Impediment-Prozess etablierst – im Team und über Teamgrenzen hinweg
- Und warum Impediment Management einer der unterschätzten Hebel für echte Transformation ist
Was ist überhaupt ein Impediment?
Viele Teams werfen alles in einen Topf – Risiken, Verbesserungen, Wünsche, Ideen. Dadurch verliert das Wort „Impediment“ seine Bedeutung.
Meine Definition:
Ein Impediment ist alles, was dich oder dein Team konkret daran hindert, ein Sprint-Ziel oder Produktziel zu erreichen – oder die Arbeit signifikant verlangsamt.
Es geht also nicht um „nice to have“ oder um ein Risiko, das vielleicht irgendwann eintreten könnte. Ein Impediment steht jetzt im Weg. Es erzeugt Reibung, Verzug, Frust oder Verschwendung.
Beispiele:
| Kein Impediment | Klare Impediments |
|---|---|
| „Wir könnten vielleicht mal unsere Tests verbessern“ | „Unsere Testumgebung ist seit Tagen down“ |
| „Es wäre schön, wenn wir mehr Budget hätten“ | „Wir haben keine Lizenz und können nicht deployen“ |
| „Peter redet viel im Daily“ | „Teammitglieder erscheinen regelmäßig nicht zum Daily, weil es als Zeitverschwendung empfunden wird“ |
Rolle des Scrum Masters: Befähiger statt Einzelkämpfer
Einer der größten Irrtümer: „Als Scrum Master muss ich alle Impediments lösen.“
Falsch.
Deine Aufgabe ist es nicht, jedes Impediment selbst aus dem Weg zu räumen. Deine Aufgabe ist es sicherzustellen, dass es gelöst wird.
Das bedeutet:
- Du schaffst Transparenz
- Du etablierst den Prozess
- Du hältst nach
- Du befähigst das Team, selbst zu handeln
- Und ja: wenn nötig, greifst du auch mal beherzt ein und löst etwas persönlich – aber bewusst und nicht als Standard
Wenn du jedes Problem persönlich löst, trainierst du dein Team auf Abhängigkeit. Das macht dich zum Flaschenhals und verhindert echte Selbstorganisation.
Wie dokumentieren?
Ein leichtgewichtiger, aber extrem wirksamer Ansatz, um Dein Impediments zu verwalten, ist der POPCORN Flow von Claudio Perrone. Er hilft dir, Probleme sichtbar und lösbar zu machen – durch Experimente statt endlose Diskussionen.
POPCORN Flow in Kürze:
| Spalte | Bedeutung |
|---|---|
| P – Problem | Was hindert uns konkret? |
| O – Options | Welche Lösungsansätze sind denkbar? (Brainstorming) |
| P – Possible Experiments | Welche davon würden wir gerne ausprobieren? |
| C – Committed | Welches Experiment setzen wir konkret um? |
| O – Ongoing | Was probieren wir gerade aus? |
| R – Review | Hat es funktioniert? |
| N – Next/Done | Experiment abgeschlossen, nächster Schritt folgt |
Vorteil: Du arbeitest nicht mit Meinungen, sondern mit Erfahrungen. Keine endlosen Diskussionen – sondern schnelle Experimente, die Wirkung zeigen.
Impediments auf Organisationsebene: Flight Levels nutzen
Manche Impediments lassen sich nicht auf Team-Ebene lösen. Abhängigkeiten, Freigaben, Budget-Themen oder fehlende Entscheidungen betreffen oft mehrere Teams. Wenn du hier lokal optimierst, züchtest du „Hochleistungsinselteams“, während das System stehen bleibt.
Hier kommt der Flight-Level-Ansatz von Klaus Leopold ins Spiel:
- Flight Level 1: Team-Ebene (operativ)
- Flight Level 2: Wertstrom-Ebene (wie Teams zusammenarbeiten)
- Flight Level 3: Unternehmens-Ebene (strategische Ausrichtung)
Ein funktionierender Impediment-Prozess umfasst mindestens Level 1 und 2.
Scrum Master und Agile Coaches treffen sich regelmäßig, um teamübergreifende Blockaden sichtbar zu machen und Eskalationswege zu definieren.
Fazit: Impediment Management ist Leadership-Arbeit
Wenn du dich als Scrum Master fragst, wie du mehr Wirkung entfalten kannst – fang bei den Impediments an. Sie sind die Wahrheit über den Zustand deines Systems. Und sie zeigen dir, wo echtes Lernen und Veränderung stattfinden können.
Impediments sind keine Störung des Systems – sie sind ein Spiegel des Systems.
Meine Empfehlung an dich:
- Starte mit einem einfachen Board (Popcorn Flow)
- Mache Impediments sichtbar – jeden Tag
- Etabliere Nachhaltung ohne Schuldzuweisung
- Baue ein Netzwerk von Problemlösern auf
- Hole Führungskräfte ins Boot – denn viele Impediments sind strukturell
Wenn du willst, helfe ich dir gerne, einen Impediment-Prozess für dein Team oder dein Unternehmen aufzusetzen. Schreib mir einfach.
Was ist das größte Impediment in deinem Umfeld gerade?
Und wie gehst du heute damit um?
Schreib es in die Kommentare oder sende mir eine Nachricht – vielleicht wird genau daraus die nächste Podcast-Folge oder ein Live-Training.



