Die Illusion der Kontrolle

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Januar 24, 2025

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In dieser Episode des frisch umbenannten Agile Transformation Toolbox Podcast (früher bekannt als Scrum Master Journey) hatte ich das Vergnügen, mit David Symhoven zu sprechen, einem erfahrenen Agile Coach, der gerade sein neues Buch "Die Illusion der Kontrolle" veröffentlicht hat. In unserem Gespräch haben wir einige der zentralen Thesen seines Buches beleuchtet – von Hierarchien über Teamstrukturen bis hin zu der naiven Vorstellung von Einheitlichkeit in Organisationen. Ein Thema spannender als das andere, aber lassen wir uns Schritt für Schritt darauf ein.

Hierarchie: Fluch oder Segen?

David und ich sind uns einig, dass Hierarchien oft zu Unrecht verteufelt werden. Viele in der agilen Community propagieren, dass Hierarchien abgeschafft werden sollten. Aber sind sie wirklich so überflüssig, wie es oft scheint? David erklärt, dass Hierarchien eine wichtige Funktion in Organisationen übernehmen, und selbst wenn man sie formal auflöst, kehren sie oft durch die Hintertür in Form von informellen Strukturen zurück.

Für uns beide steht fest: Eine sinnvolle Nutzung von Hierarchien – und deren Einbettung in den richtigen Kontext – kann Organisationen helfen, Klarheit zu schaffen und Verantwortlichkeiten zu klären. Wie David treffend anmerkt: Es geht nicht darum, Hierarchien „plattzumachen“, sondern sie funktional und adaptiv einzusetzen.

Der naive Glaube an flache Strukturen

„Flache Hierarchien“ werden oft als Wundermittel verkauft. Doch David bringt es auf den Punkt: Sie sind kein Allheilmittel. Flache Strukturen bedeuten nicht automatisch weniger Konflikte oder bessere Zusammenarbeit. Im Gegenteil – wenn Entscheidungsbefugnisse nicht klar geregelt sind, entstehen Unsicherheiten und neue Probleme. Ein gutes Beispiel ist der Wunsch nach Einheitlichkeit in Organisationen.

David argumentiert, dass es in komplexen Organisationen unmöglich ist, eine einzige Kultur oder Struktur zu erzwingen. Forschung und Entwicklung, Produktion und Marketing – all diese Bereiche benötigen unterschiedliche Arbeitsweisen und Kulturen. Der Versuch, alles „unter einen Hut“ zu bringen, wird den individuellen Anforderungen oft nicht gerecht.

Missverständnisse über Mindset und Kultur

Ein weiterer spannender Punkt war Davids Kritik am „naiven Glauben an das Mindset“. Wir hören oft: „Die Menschen müssen nur ihr Mindset ändern, dann wird alles besser.“ Doch ist das wirklich so einfach? David sieht das kritisch – und ich stimme ihm zu. Ein Mindset ändert sich nicht durch bloße Appelle oder Schulungen. Verhaltensänderungen, getriggert durch neue Erfahrungen und klare Rahmenbedingungen, können dazu beitragen, eine neue Denkweise zu entwickeln. Aber ein Mindset zu erzwingen, ist nicht nur übergriffig, sondern oft auch sinnlos.

Wir sprachen auch über die Illusion einer einheitlichen Unternehmenskultur. David erklärt: „Kultur entsteht emergent durch die Zusammenarbeit. Sie lässt sich nicht einfach durch Vorgaben erzeugen.“ In verschiedenen Abteilungen wie Produktion, Entwicklung und Buchhaltung sind unterschiedliche Kulturen nicht nur unvermeidlich, sondern auch notwendig.

Teambuilding: Zwischen Harmonie und Konflikt

Ein weiteres Highlight war unsere Diskussion über Teambuilding. Hier gehen Davids Thesen tiefer, als man es vielleicht gewohnt ist. Er kritisiert den Trend zu „künstlichem“ Teambuilding, wie etwa Kletterwand-Ausflügen oder blindem Vertrauen über Freizeitaktivitäten. Stattdessen argumentiert er, dass Vertrauen durch wiederholbare, positive Erfahrungen im Arbeitskontext entsteht.

In diesem Punkt waren wir uns einig: Vertrauen entsteht durch die Zusammenarbeit und das Einhalten von Absprachen im Arbeitsumfeld. Teambuilding sollte sich daher eher auf gemeinsame Ziele und klare Teamregeln konzentrieren, statt auf äußerlich inszenierte Harmonie.

Die Illusion der Struktur

Ein weiterer Mythos, den wir behandelt haben, war der „naive Glaube an Struktur“. David hebt hervor, dass Struktur zwar wichtig ist, aber nicht als Selbstzweck dient. Es geht nicht darum, alles zwanghaft in Abteilungen oder Prozessschritte zu gießen. Stattdessen muss die Struktur flexibel genug sein, um den Bedürfnissen der Organisation gerecht zu werden.

Ein Beispiel, das wir beide kennen, ist die Implementierung von Frameworks wie SAFe. Oft wird versucht, alles in bestimmte Strukturen zu zwängen, ohne den eigentlichen Kontext zu verstehen. Das Ergebnis: Teams sitzen in Meetings, die für sie keinen Mehrwert bieten, weil sie formal dazugehören sollen. Solche Strukturen führen eher zu Frustration als zu besserer Zusammenarbeit.

Fazit: Kontext statt Blaupausen

Wenn es ein zentrales Learning aus dieser Folge gibt, dann ist es die Bedeutung des Kontexts. Es gibt keine Blaupausen, die für alle Organisationen funktionieren. Die beste Lösung ist oft die, die sich am spezifischen Kontext orientiert – an den Bedürfnissen, Herausforderungen und Möglichkeiten der jeweiligen Organisation.

Davids Buch „Die Illusion der Kontrolle“ ist eine wertvolle Ressource für alle, die sich mit Organisationsentwicklung, Transformation oder Leadership befassen. Es zeigt auf, wie wichtig es ist, nicht nur blind Regeln und Frameworks zu folgen, sondern bewusst zu entscheiden, welche Ansätze im jeweiligen Kontext Sinn machen.

Ich freue mich auf weitere spannende Diskussionen über diese Themen. Und wie immer gilt: Diskussionskultur ist ein zentraler Wert – nicht nur im Arbeitskontext, sondern auch in unserer Gesellschaft. Mehr voneinander lernen, weniger über andere urteilen – das könnte uns allen guttun.

About the author 

Marc Löffler

Marc Löffler ist Keynote-Speaker, Autor und Mentor für passionierte Scrum Master. Er befasst sich schon seit 2005 leidenschaftlich mit agilen Methoden, wie z.B. Scrum, Kanban oder eXtreme Programming. Bevor er mit dem Thema Agilität in Berührung gekommen war, hat er als zertifizierter Projektmanager (IPMA) bei Firmen wie Volkswagen, Siemens und EADS erfolgreich multinationale Projekte geleitet. Mit Begeisterung hilft er Unternehmen dabei, agile Werte zu verstehen und genau die Form von Agilität zu finden, die zum jeweiligen Unternehmen passt. Dabei nutzt er sein PASSION Modell, um die jeweilige Situation zu analysieren und sinnvolle nächste Schritte hin zur passionierten, agilen Organisation zu definieren. Er liebt es, neue Einsichten zu generieren, und unterstützt Unternehmen dabei, Probleme aus kreativen, neuen Blickwinkeln zu betrachten. Seit September 2018 ist er zertifizierter Professional Speaker GSA (SHB) mit der besten Keynote seines Jahrgangs. Im Jahr 2014 erschien sein Buch „Retrospektiven in der Praxis“ beim dpunkt.verlag. Im Jahr 2018 folgte das Buch „Improving Agile Retrospectives“ bei Addison Wesley. Im Februar 2022 folgte dann das Buch "Die Scrum Master Journey" beim BusinessVillage Verlag.

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