Wenn du mit Produktteams arbeitest, kennst du das bestimmt: Außen hui – innen Projekt. Auf dem Papier heißt es „Produktmanagement“, in der Realität wird aber am laufenden Band Projektgeschäft betrieben.
In meiner aktuellen Podcast-Folge habe ich mit Thomas Hartmann genau darüber gesprochen – und er hat ein Bild geprägt, das hängen bleibt: die Egg Organization. Außen hart und fix – innen eine agile Produkt-Bubble, die nicht zur restlichen Organisation durchdringt.
In diesem Artikel fasse ich unsere wichtigsten Erkenntnisse zusammen – und zeige, worauf du achten solltest, wenn du den Wandel zur echten Produktorganisation schaffen willst.
1. Product Discovery ist kein Selbstzweck
Viele Organisationen fordern „Discovery!“, obwohl ihre Stakeholder bereits glasklar wissen, was sie wollen – inklusive Features, Zeitplan und Budget.
Das führt zu absurden Situationen, in denen Discovery-Formate nur noch als Störfaktor empfunden werden. Thomas bringt es auf den Punkt: „Wenn das Lastenheft schon da ist, dann brauchst du kein Discovery mehr.“
Fazit: Ohne echtes Produktverständnis im Unternehmen ist Discovery nutzloser Ballast.
2. Produktmanagement ≠ Projektabwicklung
Viele vermeintliche Produktteams liefern in Wirklichkeit Features auf Zuruf. Kein Marktverständnis. Keine strategische Verantwortung. Kein „Product Sense“.
Typische Symptome:
- Der Stakeholder ruft: „Ich will das bis Quartal X“
- Das Team liefert – und wird zur verlängerten Werkbank
- Discovery, Priorisierung, Pricing? Nicht vorgesehen.
Ergebnis: Produktteams werden zu Mini-Projektabteilungen – mit wenig Einfluss und viel Reibung.
3. Willkommen in der Egg Organization
Thomas nennt dieses Phänomen „Egg Organization“: Im Inneren befinden sich moderne, agile Produkt- und Tech-Teams, die iterativ denken. Außen herum herrscht klassische Projektsteuerung mit Planbarkeit, Lastenheften und Wasserfall-Denke. Das Problem: Diese beiden Welten sprechen nicht dieselbe Sprache.
➡️ Typisches Mindset außen: „Sag mir, wann’s fertig ist.“
➡️ Typisches Mindset innen: „Lass uns lernen, iterieren und fokussieren.“
Ohne Brücke dazwischen bleibt das Ei... nun ja: geschlossen.
4. Push vs. Pull – Wer entscheidet eigentlich?
Ein wichtiger Gradmesser: Werden Anforderungen ins Team hineingepusht, oder kann das Team sie ziehen?
In Push-Organisationen versuchen alle Stakeholder gleichzeitig, ihre Wünsche durchzudrücken – wie aus einer Zahnpastatube. Pull-Organisationen dagegen vertrauen ihren Produktteams, Entscheidungen zu treffen.
➡️ Push = Projekt-Mindset
➡️ Pull = Produkt-Mindset
5. Konfiguration statt Custom Code
Ein weiterer Unterschied: Skalierbare Produktunternehmen investieren gezielt in Konfigurierbarkeit. Shopify, WordPress oder SAP machen es vor.
Projektunternehmen hingegen schreiben für jeden Kunden Custom Code – mit steigender Komplexität und sinkender Skalierbarkeit.
6. Ohne gemeinsames Ziel keine Veränderung
Die Transformation zur Produktorganisation gelingt nur, wenn sich die gesamte Führungsebene einig ist, wohin man eigentlich will. Und das ist oft nicht der Fall.
Viele Unternehmen wissen gar nicht, dass sie eigentlich mehr Skalierbarkeit und Profitabilität wollen – sie stochern im Nebel, ohne Zielbild.
Meine Empfehlung: Klärt zuerst euer „Wozu“ – und dann den Weg.
7. Das große Ganze sehen – nicht nur Features
Was mir an Thomas' Ansatz besonders gefällt: Er denkt über das Produkt hinaus. Es geht nicht um Feature-Roadmaps, sondern um ein ganzheitliches Organisationsdesign.
Segmentierung, Discovery, Priorisierung, Pull-Prinzipien, Konfigurierbarkeit – das alles sind Zahnräder in einem System.
Und dieses System muss verstanden, gemanagt und verändert werden – gemeinsam.
Fazit: Produktorganisation ist mehr als ein neuer Titel
Viele Unternehmen nennen ihre Teams „Produktteams“, ohne das Mindset, die Struktur oder das Ziel dahinter anzupassen.
Das Ergebnis: Frust, Reibung und Scheinagilität.
Wenn du wirklich vom Projekt- ins Produktdenken willst, dann braucht es:
- Gemeinsames Zielbild
- Produktverantwortung mit Entscheidungsspielraum
- Klare Segmentierung & Discovery-Prozesse
- Ein klares Nein zu Feature-Fabriken
Buchtipp & Verlosung:
Thomas hat all das in seinem neuen Buch „Von Projekt zu Produkt“ aufgeschrieben – und wir verlosen ein Exemplar!
Einfach den Podcast bewerten (Spotify/Apple), Screenshot an marc@marcloeffler.eu senden – und schon bist du im Lostopf.
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