Juli 21, 2022

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Moderation oder "Facilitation" ist eine wichtige Aufgabe für Scrum Master. Deshalb habe ich mich in diesem Artikel dazu entschlossen, Dir meine Lieblings Moderationstechniken zu zeigen. Wenn Du keine Lust auf Lesen hast, dann kannst Du Dir das auch hier anhören:

Für alle, die lieber lesen kommt hier das ganze in Textform.

Verschiedene Kommunikationsstile respektieren

Menschen kommunizieren auf die verschiedensten Arten und Weisen, vor allem wenn sie ihre eigenen Ideen vorstellen. Dummerweise gibt es Kommunikationsstile, die weniger gut ankommen und bei denen man eventuell weniger gewillt ist zuzuhören. Dadurch kann es aber passieren, dass die vielleicht besten Ideen ungehört bleiben. Weniger gute Ideen werden womöglich bevorzugt, weil ein Teilnehmer sich besonders gut ausdrücken kann. Leider gibt es eine ganze Menge Kommunikationsstile, mit denen die meisten Menschen weniger gut umgehen können:

  • Teilnehmer, die sich ständig wiederholen
  • Schüchterne oder nervöse Teilnehmer, die ständig ins Stocken geraten
  • Teilnehmer, die ihren Standpunkt völlig übertrieben darstellen oder unzutreffende Behauptungen aufstellen
  • Teilnehmer, die die Diskussion plötzlich in eine völlig andere Richtung lenken wollen
  • Sehr emotionale Teilnehmer, die offen ihre Gefühle zeigen

Gruppen, die eher in der Lage sind, mit solchen Kommunikationsstilen umzugehen, bekommen eine größere Bandbreite an Ideen und Vorschlägen und somit am Ende das bessere Ergebnis. Der Schlüssel dazu ist wie immer der Facilitator. Hier ein paar Beispiele:

  • Wenn sich jemand ständig wiederholt, kann man als Facilitator paraphrasieren, um der Person zu helfen, seinen Standpunkt zusammenzufassen.
  • Bei nervösen Teilnehmern kann der Facilitator helfen, indem er offene Fragen stellt, ohne in eine bestimmte Richtung zu lenken.
  • Teilnehmern, die scheinbar eine völlig neue Diskussion starten, kann man helfen, indem man sie dazu auffordert, zu erklären, wie dieser neue Punkt in die bisherige Diskussion passt

In jedem Fall ist es wichtig, dass jeder Teilnehmer mit Respekt be-handelt wird, indem man genau hinhört und ihn wenn nötig in seinen Ausführungen unterstützt.

Paraphrasieren

Das Wort Paraphrasieren kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „umschreiben“ oder „mit eigenen Worten wiedergeben“. Das Paraphrasieren ist eine der mächtigsten und direktesten Techniken, da sie dem Sprecher sofort zeigt, dass man aktiv zugehört hat. Gleichzeitig kann man diese Technik nutzen, um sicherzustellen, dass man alles korrekt verstanden hat. Das ist besonders nützlich, wenn der Sprecher recht verwirrend und konfus spricht und nicht immer klar ersichtlich ist, worauf er hinaus will.

Das Paraphrasieren geht eigentlich ganz einfach. Wiederholen Sie in Ihren eigenen Worten das, was Sie meinen verstanden zu haben. Am Ende vergewissert man sich immer beim Sprecher, ob es das war, was er gemeint hat, z.B. indem man fragt: „Habe ich das richtig verstanden?“ oder „War es das, was du sagen wolltest?“. Wenn man ihn falsch verstanden haben sollte, fragt man den Sprecher, ob er es noch einmal verdeutlichen kann. Das macht man so lange, bis man seinen Standpunkt oder seine Idee korrekt paraphrasiert hat.

Teilnehmer unterstützen

Manchmal kommt es vor, dass jemand scheinbar Probleme hat, seine Idee klar auszudrücken, oder die Aussagen waren so verwirrend, dass niemand sie verstehen konnte. In diesen Fällen ist es die Aufgabe des Facilitators, den Sprecher durch gezieltes Fragen dabei zu unterstützen, seine Ideen verständlich zu machen. Hier ein paar mögliche Fragen:

  • Kannst du uns ein Beispiel geben?
  • Wie das?
  • Was meinst du mit...?
  • Kannst du mir das aufzeichnen?

Mit solchen und ähnlichen Fragen kann man als Facilitator dabei helfen, ein klares Bild der Idee zu bekommen.

Stapeln

Die Stapeltechnik wendet man immer dann an, wenn mehrere Teilnehmer gleichzeitig etwas sagen wollen. Man nutzt sie, um zu verhindern, dass sich alle gegenseitig ins Wort fallen und versuchen, sich gegenseitig die Redezeit abspenstig zu machen. Diese Technik ist auch hilfreich, wenn man ein besonders dominantes Teammitglied hat, das am liebsten die ganze Zeit sprechen würde, und somit andere nicht zu Wort kommen. Der Ablauf ist eigentlich ganz einfach:

  1. Man sagt: „Alle, die dazu etwas sagen möchten, heben jetzt bitte die Hand.“
  2. Danach legt man die Reihenfolge fest z.B.: „Paul, du bist der Erste, dann Sonja und als Drittes Sven.“
  3. Nachdem Paul fertig ist, gibt man Sonja das Wort, danach Sven usw.
  4. Wenn alle gesprochen haben, fragt man noch einmal nach, ob noch jemand anderes etwas zu diesem Thema sagen möchte. Wenn es mehrere sind, startet man wieder bei 2.

Derjenige, der das Wort hat, besitzt ein exklusives Rederecht. Man achtet also darauf, dass er nicht unterbrochen wird. Mit dieser Technik stellt man sicher, dass alle zu Wort kommen, die etwas zu sagen haben. Gleichzeitig wird die gesamte Diskussion ruhiger und die Teilnehmer sind eher dazu in der Lage, zuzuhören, anstatt ständig auf eine Lücke im Redefluss des anderen zu warten, um dann ihren Standpunkt zu platzieren.

Ermutigen

Diese Technik wird vor allem dann angewendet, wenn der Facilitator das Gefühl hat, dass es ein paar Teilnehmer gibt, die sich zurückhalten und die anderen die Arbeit machen lassen oder von Natur aus etwas introvertierter sind. Die Idee beim Ermutigen besteht darin, gezielt nach anderen Sichtweisen, Ideen oder Kommentaren zu fragen, um so auch die stilleren Teilnehmer zu der Diskussion einzuladen. Hier ein paar Beispiele:

  • Wer hat sonst noch eine Idee?
  • Kann mir jemand ein Beispiel für diesen Standpunkt geben?
  • Möchte das jemand kommentieren, der schon länger nicht mehr gesprochen hat?
  • Gibt es Fragen zu diesem Thema?
  • Wie könnte man das Ganze auf den Punkt bringen?
  • Wer möchte für diese Idee den Advocatus Diaboli spielen?

Jede dieser Fragen zielt darauf ab, jemandem die Möglichkeit zu geben, seine Meinung kund zu tun. Sie sind wie eine Flanke beim Fußball, bei der der Ball nur noch im Tor versenkt werden muss. Ich konnte schon oft beobachten, wie man durch eine solche Frage auch Teilnehmer mobilisieren konnte, die bisher nur geschwiegen hatten.

Emotionen zurückmelden

Viele Menschen haben ein Problem, ihre Emotionen zu zeigen. Be-sonders in der IT-Industrie sind Gefühle eher untergeordnet. Emotionen sind aber ein wichtiger Bestandteil der menschlichen Kommunikation und müssen deshalb auch berücksichtigt werden. Vor allem, weil sie einen direkten Einfluss auch auf die anderen Teilnehmer haben. Damit diese Emotionen nicht unbemerkt ignoriert werden, spricht man diese direkt an. Besonders bei Unterhaltungen und Diskussionen, die ein schwieriges Thema behandeln, sollte man als Facilitator ständig die emotionale Stimmung im Auge behalten. Be-merkt man eine stärkere Emotion, meldet man diese in Form einer Frage zurück. Im nächsten Schritt geht es dann wieder darum, genau zuzuhören und Teilnehmer dabei zu unterstützen, die auf die Frage antworten. Hier ein paar Beispiele für eine solche Frage:

  • Hört sich für mich so an, als ob du besorgt bist. Habe ich Recht?
  • An deiner Stimme kann ich hören, dass du [verärgert, frustriert, traurig, glücklich, erfreut usw.] bist.
  • Ich habe das Gefühl, dass dich diese Situation ganz schön mitnimmt, oder?

Gerade in Teams, die Probleme mit Emotionen haben, wird es sich anfangs komisch anfühlen, über Gefühle zu sprechen. Je öfter man es macht, desto eher wird es ein normaler Teil aller zukünftigen Diskussionen. Teams, die mit ihren Emotionen umgehen können, sind in der Regel erfolgreicher als Teams, die damit Probleme haben.

Gewollte Stille

Ich bin ein Mensch, der extreme Schwierigkeiten hat, Stille auszuhalten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ich mit einer Person allein bin, die ich noch nicht so gut kenne. Über die letzten Jahre habe ich allerdings gelernt, immer besser damit umzugehen. Mittlerweile ist es sogar so weit, dass ich die gewollte Stille schätzen gelernt habe.

Die meisten Menschen haben ein Problem damit, wenn in einer Diskussion plötzlich Stille herrscht. Es fühlt sich einfach komisch an, wenn niemand mehr etwas sagt und alle darauf warten, dass etwas passiert. Die Erfahrung hat gezeigt, dass wenn es der Facilitator schafft, die Stille auszuhalten, dann schaffen es die anderen Teilnehmer meist auch. Denn Stille während einer Diskussion kann etwas sehr Wertvolles sein. Vielleicht spricht gerade jemand und braucht ein paar Sekunden, um seine Gedanken zu ordnen. Oder jemand hat etwas Außergewöhnliches gesagt und man braucht ein paar Sekunden, um es aufzunehmen.

Während einer solchen Situation konzentriert man sich weiter auf den Sprechenden. Sagen Sie nichts, nicht einmal „Hmm“ oder „Aha“ und nicken Sie auch nicht mit dem Kopf. Wenn notwendig, heben Sie Ihre Hand, falls jemand anderes die Stille durchbrechen will. Sie werden erstaunt sein, was dabei herauskommen kann, wenn man diese Momente der Stille aktiv begrüßt und wirken lässt.

Auf Gemeinsamkeiten hören

Diese Technik ist immer dann angesagt, wenn verschiedene Parteien einer Diskussion offensichtlich völlig unterschiedliche Standpunkte vertreten. Oft gibt es aber eine übergeordnete Gemeinsamkeit, die alle Parteien verbindet. Es ist die Aufgabe des Facilitators, nach dieser Gemeinsamkeit zu fahnden und den Teilnehmern zurückzumelden. Dies passiert in 4 Schritten:

  1. Fassen Sie alles zusammen, indem Sie z.B. sagen: „Lassen Sie mich zusammenfassen, was ich von beiden Parteien gehört habe. Ich höre eine Menge Unterschiede, aber auch die ein oder andere Gemeinsamkeit.“
  2. Sagen Sie z.B. weiter: „Es hört sich an, als ob die eine Gruppe in der Weihnachtszeit früher nach Hause gehen möchte, während die andere Gruppe lieber ein paar Tage Urlaub nehmen möchte.“
  3. Kommen Sie jetzt auf die Gemeinsamkeit zu sprechen: „Es sieht also so aus, als ob beide Parteien etwas weniger arbeiten wollen in diesen Tagen.“
  4. „Sehe ich das richtig?“

Es ist nicht immer einfach, diese Gemeinsamkeiten zu finden. Wenn man es aber schafft, sind sie eine sehr gute Basis für weitere Diskussionen und einen möglichen Kompromiss, dem alle zustimmen können. Wenn man diese Technik gut beherrscht, hat man gute Chancen, auch verfahrene Situationen wieder aufzulösen.

Der Text stammt übrigens aus meinem Buch "Retrospektiven in der Praxis. Wenn Du also mehr über Moderation lernen möchtest, findest Du dort weitere Tipps und Tricks. Das Buch von Sam Kaner findest Du hier.

About the author 

Marc Löffler

Marc Löffler ist Keynote-Speaker, Autor und Mentor für passionierte Scrum Master. Er befasst sich schon seit 2005 leidenschaftlich mit agilen Methoden, wie z.B. Scrum, Kanban oder eXtreme Programming. Bevor er mit dem Thema Agilität in Berührung gekommen war, hat er als zertifizierter Projektmanager (IPMA) bei Firmen wie Volkswagen, Siemens und EADS erfolgreich multinationale Projekte geleitet. Mit Begeisterung hilft er Unternehmen dabei, agile Werte zu verstehen und genau die Form von Agilität zu finden, die zum jeweiligen Unternehmen passt. Dabei nutzt er sein PASSION Modell, um die jeweilige Situation zu analysieren und sinnvolle nächste Schritte hin zur passionierten, agilen Organisation zu definieren. Er liebt es, neue Einsichten zu generieren, und unterstützt Unternehmen dabei, Probleme aus kreativen, neuen Blickwinkeln zu betrachten. Seit September 2018 ist er zertifizierter Professional Speaker GSA (SHB) mit der besten Keynote seines Jahrgangs. Im Jahr 2014 erschien sein Buch „Retrospektiven in der Praxis“ beim dpunkt.verlag. Im Jahr 2018 folgte das Buch „Improving Agile Retrospectives“ bei Addison Wesley. Im Februar 2022 folgte dann das Buch "Die Scrum Master Journey" beim BusinessVillage Verlag.

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