Juli 4, 2018

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Zusammenfassung der Folge:

Wenn die Arbeit zum Burnout führt: „Leave it“

Das ging bis zum Burnout. Und nicht aufgrund von Stress, sondern wegen diesem inneren Widerstand, den ich entwickelt habe und diesen inneren Konflikten, die sich im Außen auch nicht lösen ließen. Das System – und das gilt natürlich für so eine Organisation ganz besonders – funktioniert nach seinen eigenen Regeln und die Menschen verhalten sich logisch und intelligent in diesem System. Die meisten Menschen. Und dann gibt es solche Querschläger, Quertreiber, wie mich, die Sachen hinterfragen wollen und sagen: „Moment mal, aber warum machen wir dasso? Und warum machen wir das überhaupt?“. Seit ich draußen bin, habe ich sehr viele Menschen kennengelernt, die auch so ticken wie ich. Und die meisten schaffen es nicht, in so einem Umfeld zu überleben, auf Dauer.

Hierarchie bei Firmen – stört

Am meisten hat mich die Hierarchie gestört, da Hierarchie sehr viele Auswirkungen hat, die einfach menschenfeindlich und nicht unbedingt einem guten Zusammenleben förderlich sind. Das sieht man auch in anderen Organisationsformen: Das sieht man in der Kirche, das sieht man in der Armee, wobei das dort noch Sinn macht, weil es da eine Befehlskette gibt. Und in einer Hierarchie kann es einfach kein Vertrauen geben. Man hat mit diesem Machtgefälle und diesen Silos und verschiedenen Revieren – so wie die meisten klassischen Unternehmen gebaut sind – automatisch diesen Effekt, dass die Leute ihr Revier verteidigen oder sich abschotten wollen, ihre eigenen Ziele erreichen wollen. Es ist kein schönes Arbeiten, finde ich. Und es ist auch sehr unproduktiv.

Bei verstärkten Hierarchien spielt automatisch immer Politik stark mit hinein

Irgendwann verbringt man extrem viel Zeit damit, sich mit dieser Politik zu beschäftigen und kommt nicht mehr wirklich zum eigentlichen Arbeiten. Und ab einer gewissen Größe kommt man oft nicht darum herum, sich mit der Politik zu beschäftigen, da man ansonsten zu nichts mehr kommt.

Das Verrückte ist, dass ich das ja gar nicht kannte. Ich kam aus einer Welt, wo man relativ frei agieren konnte. Und es hat auch lange gedauert, bis ich das überhaupt gelernt habe, wen ich hier siezen darf und wen nicht, oder muss, oder nicht. Und dass es so etwas wie einen Dienstweg gibt. Das war mir total fremd. Und ich war unter anderem Pressesprecherin und musste schnell agieren. Ich habe eine Presseanfrage bekommen und habe dann möglichst schnell versucht, an die Information heranzukommen: Auf kürzestem Weg und wie ich es für sinnvoll hielt. Und nicht indem ich meinen Kollegen, Abteilungsleiter, kontaktiert habe, der dann den Teamleiter kontaktiert, der dann den Kundenberater, der mit dem Fall zu tun hat, kontaktiert und dann geht das wieder hoch – das ist ja wie Stille Post! Erst einmal kommt dann nur die Hälfte bei mir an und das dauert einfach auch viel zu lange. Es macht keinen Sinn.

Irgendwie fehlt das Vertrauen: man wird extrem in dem Aktionsraum, eingeschränkt

Das war nicht bei jeder einzelnen Presseanfrage so. Aber es ist schon vorgekommen und das hat mich immer echt vor den Kopf gestoßen. Genau aus dem Grund: dieses Vertrauen. Das habe ich ja am Anfang gesagt: In Hierarchien kann es eigentlich kein Vertrauen geben. Und das habe ich gemerkt, im Umgang mit den Mitarbeitern, die sozusagen am unteren Ende der Fahnenstange waren, am unteren Ende der Pyramide. Mit denen in ein ehrliches Gespräch zu kommen war teilweise sehr schwierig, weil sie sich nicht getraut haben. Ich war ja auch für die interne Kommunikation zuständig, und die haben sich nicht getraut, dann einfach zu sagen, was Sache ist. Oder ich habe es geschafft, das Vertrauen aufzubauen, sie haben es mir erzählt, und dann musste ich sehr, sehr vorsichtig sein, was ich mit dieser Information mache. Es gab sehr viel Angst in diesem Unternehmen, obwohl ich sagen muss, dass es kein böses Unternehmen war. Die Leute hatten einfach Angst, dass sie, auf Deutsch gesagt „einen Anschiss kriegen“, wenn sie sich äußern oder dass sie vielleicht woanders hin versetzt werden. Es reicht schon, wenn dieses Gefühl da ist, es muss überhaupt nicht real sein.

 Horrorvorstellungen

Es ist eine der größten Horrorvorstellungen, den Job zu verlieren. Trotz allem ist diese Angst oft da, und das ist spannend zu beobachten, vor allem wenn es dann Richtung „Arbeiten für Null“ geht, „agilem Arbeiten“ und so weiter. Dass allein aus dieser Angst, Fehler zu machen und deswegen eventuell, ultimativ, gekündigt zu werden, die Leute sich nicht trauen, Dinge anders zu machen.

Ja, also machen schon gar nicht. Etwas aussprechen – wenn man schon davor Angst hat, etwas auszusprechen, dann ist ja das machen schon so weit entfernt. Aber interessanterweise gab es die Angst auch unter den Führungskräften. Die gab es überall. Und es waren auch ganz viele verschiedene Gefühle. Diese allgemeine Unterdrückung von Gefühlen war auch ein Thema, das mich ein bisschen verrückt gemacht hat. Man durfte nicht einfach mal „scheiße“ brüllen, wenn etwas schiefgegangen ist. Ganz viel Wut musste man auch unterdrücken, also da kann ich jetzt für mich sprechen, aber ich weiß es auch von Kollegen, die dann mit gesenktem Kopf da etwas geschluckt haben, bei dem sie sich eigentlich, wenn sie sich am nächsten Tag im Spiegel noch ansehen möchten, hätten wehren müssen. Und im Grunde führt das dazu, dass man, gerade in der Führungsetage, mit einer Maske unterwegs ist.

Unterdrückung von Gefühlen

Das Witzige ist, dass so eine Kultur sich extrem schwer verändern lässt. Das erinnert mich gerade an diese Metapher, mit den Affen und der Leiter. Da steht eine Leiter in einem Käfig, die man hochklettern kann und oben hängt eine Banane. Dann klettert ein Affe hoch, will die Banane holen und dann werden alle anderen Affen mit Wasser nass gespritzt. Was passiert nach einer gewissen Zeit? Sobald einer nur in die Nähe der Leiter kommt, wird der schon weg gekloppt, in Sinne von: „Geh von der blöden Leiter weg, weil sonst passiert etwas Schlimmes“

Und dann fängt man an, diese Affen nach und nach aus diesem Käfig herauszuholen, bis vielleicht dann lauter neue Affen drin sind und nur noch ein Affe, der das noch kennt von früher, der quasi nach und nach alle anderen Affen auch erzogen hat: „Das geht so nicht!“. Und ultimativ ist es dann irgendwann so, dass da nur noch Affen im Käfig waren, die diese Aktion– auf die Leiter hochsteigen, nass gespritzt werden – überhaupt nie gesehen haben. Und trotzdem haben sie das Verhalten übernommen, sobald jemand Richtung Leiter geht, denn da weg zu kloppen. Also diese Verhaltensweisen sind quasi dageblieben. Das kannst du eben auch ganz häufig in Unternehmen beobachten.

Und natürlich, diese gegenseitige Beeinflussung, da gibt es ja auch Studien: Es braucht nur drei Leute, die im Schwarm umkehren und dann folgt der Rest. Da sind halt Dynamiken am Werk, ich finde das total spannend, aber wenn man mittendrin steckt, ist das nicht so cool, weil man sich nur sehr schwer gegen diese Peer Pressure oder dieses System mit all seinen Wechselwirkungen wehren kann.

Etablierte Kulturen bei Unternehmen: kann man es überleben?

Bei mir war es so, ich habe mir meine Insel dann geschaffen mit meiner kleinen Abteilung oder Stabstelle und so ein paar Leuten, die da auch affin waren. Und es gab ja auch sehr viele nette Leute, um Gottes Willen, das war jetzt nicht so ein schlimmer Arbeitgeber. Aber man versucht halt irgendwie, zu überleben und ich habe das eben mit meiner Insel gemacht. Ich habe mir immer Projekte gesucht, die mir Spaß machen. Ich hatte eigentlich ziemlich viel Gestaltungsfreiheit was meinen Bereich angeht. Aber wenn es dann natürlich in andere hineinragte, dann wurde es natürlich schon wieder schwierig.

Umgebung zu schaffen, in der Mitarbeiter weniger Angst haben

Da gibt es ja ganz viele Modelle, die jetzt gerade immer populärer werden. Ganz viele verschiedene Methoden, die man einführen kann. Das Wichtigste ist, wieder an diese intrinsische Motivationder Leute heranzukommen. Denn was mich am meisten, immer wieder erstaunt hat: Selbst in einem konservativen Unternehmen, in dem etwa zehn Prozent der Leute sowieso mit allem abgeschossen hat – die werden so mitgezogen und an die kommt man nicht mehr ran und das ist auch okay, weil die schon so oft enttäuscht worden sind –, aber der überwiegende Teil ist wirklich,[…] die wollen ja arbeiten, die wollen etwas Gutes machen, die sehen die ganzen Probleme. Und warum lässt man die die nicht lösen? Warum hat man stattdessen ein paar Leute an der Zentrale, die am grünen Tisch irgendetwas ausbaldowern, die überhaupt keine Ahnung haben, was eigentlich wirklich gebraucht wird und was an der Kundenfront passiert. Und ich bin eigentlich ein großer Fan von Dezentralisierung. Ich glaube zum Beispiel,dass in einem Unternehmen mit ganz vielen Filialen oder Niederlassungen oder Geschäftsstellen, oder wie auch immer sie heißen, es interessant wäre, diesen Geschäftsstellen die größtmögliche Freiheit zu geben.

Was braucht ihr eigentlich, um euren Job zu machen?

Ganz simpel. Und dann kommt auch ganz viel. Als Zentrale muss ich eigentlich die Bedingungen dafür schaffen, dass die Leute arbeiten können. Und ich hätte das immer mal total gerne als Pilot mit einem Standort gemacht. Das ist aberauch wieder so schwierig. Man kann ja nicht einfach in einem System, das total regelbasiert ist, für einen Standort alle Regeln außer Kraft setzen. Rein rechtlich gibt das ja schon Probleme. So ein System basiert ja auch auf Gleichmacherei, auf Einheitlichkeit. Das ist ganz wichtig, für alle, außer für die Führungskräfte natürlich, das ist wieder ein anderes Thema, gelten ja die gleichen Regeln. Das ist auch so ein ganz großer Hinderungsgrund für Innovation.

Motivation beim Unternehmen

Bei uns war es so – ich kann jetzt relativ offen darüber reden, weil es das Unternehmen nicht mehr gibt –, es gab Leute, die haben eine Qualifizierung gemacht, die haben sich in ein Spezialgebiet eingearbeitet, die haben sogar einen Abschluss gemacht auf ihrem Gebiet und haben sich ein Netzwerk aufgebaut. Zwei Jahre irgendwie alles getan, um da fit zu werden, auf ihrem Spezialgebiet und dann hieß es „Umstrukturierung. Sie machen jetzt etwas ganz Anderes!“. Und so zerstört man Motivation. Die Leute waren natürlich völlig fertig. Die haben sich gefragt: „Okay, wozu habe ich mir jetzt hier alles aufgebaut?“. Für Übergabe gab es auch keine Zeit. Zack, alles weg. Alles, was du dir aufgebaut hast, ist weg und ab nächster Woche machst du ein anderes Thema. Und das ist Wahnsinn. Das ist ja auch betriebswirtschaftlich wahnsinnig, nicht einfach nur menschlich mies, sondern auch betriebswirtschaftlich irre.

Spiele als Hilfe bei der Arbeit

Ich mag ja meine Buzzword-Bingos sehr gerne. Ich bin ja so ein Sprachmensch, ich schreibe und habe Kommunikation studiert. Buzzword-Bingo, man nennt es auch Bullshit-Bingo, ist ein Block, den man ganz normal als Block im Meeting verwenden kann und unten sind dann 25 Felder mit verschiedenen Buzzwords, wie zum Beispiel „Rahmenbedingungen“, oder „Zeitfenster“, auch so etwas Schönes, oder „auf die Schiene setzen“, also diese ganzen Phrasen. Und immer, wenn eine von diesen Phrasen kommt, dann kreuzt man an, und wer als Erstes fünf in einer Reihe hat, der schreit „Bingo“. Man kann das mit den Kollegen im Meeting spielen oder im Kongress.

Grundsätzlich glaube ich total daran, dass Spiele oder alles, was man selbst erfährt, einen sehr viel weiterbringt, als irgendeine PowerPoint-Präsentation oder irgendein Vortrag. Ich beschäftige mich auch damit, wie man eigentlich so etwas wie Selbstorganisation und -motivation spielerisch erlebbar machen kann. Denn viele Leute kennen das ja überhaupt nicht. Und ich kann für mich sagen, ich mache ja verschiedene Jobs, und ich merke einfach, was für eine andere Energie das ist, wenn ich selber entscheiden kann, was ich mache. Da gibt es ja Abstufungen, von „Das ist mein Blog und ich mache hier, was ich will“, bis hin zu „Ich habe ganz klare Angaben und muss hier eine Anzeige texten“. Und es ist einfach eine andere Energie. Es ist wirklich etwas, was ich vielen Leuten wünsche, dass sie das mal erleben dürfen, weil es einen nährt. Man kann durch selbstbestimmte Arbeit eigentlich überhaupt nicht ausbrennen, weil man Energie gewinnt.

„Faire Führung“

Ich war ja selber länger Führungskraft. Was ich so spannend finde ist, dass Führung derart mystifiziert wird. Als wenn das irgendetwas wäre, was man lernen muss, wofür es Techniken gibt. Meine Erfahrung ist, dass das Wichtigste ist, dass man mit sich selbst im Reinen ist, und dass man einfach menschlich ist. Dass man erkennt, dass man es mit einem Menschen zu tun hat. Und man kann das durchaus vergessen. Das ist mir auch schon passiert. Durch sehr viel Stress, durch sehr viel Druck, kann das irgendwie in das Hintertreffen geraten und dann sieht man irgendwie nur noch Arbeitskräfte, die man einplant.

Empathie von der Führungskraft / Führung

Empathie, glaube ich, wird immer wichtiger und wird, glaube ich, mit einer der Erfolgsfaktoren zukünftig sein, wenn man als Firma erfolgreich sein und am Markt bestehen möchte. Und ich glaube, das ist ein ganz großes Thema, was da kommen wird.

Ich würde sogar noch einen Schritt weitergehen und sagen: „Brauchen wir überhaupt noch Führung?“. Wer möchte denn schon gerne geführt werden? Klar, es gibt solche und solche Menschen. Es gibt diesen Satz, von dem ich jetzt wieder nicht weiß, von wem er ist. Ich glaube, von Nico Rose: Niemand geht Freitag aus dem Büro nach Hause und sagt: „Mensch, heute bin ich wieder geil geführt worden“. Dieses ganze Konzept wird auch immer absurder heutzutage. Die Leute können sich ja selber führen. Es geht, glaube ich, vielmehr um Selbstführung. Dass wir also immer mehr lernen, uns selbst Ziele zu setzen und die zu verfolgen und umzusetzen und mit anderen empathisch umzugehen. Und nicht, dass da einer kommt und sagt: „Du machst das jetzt so!“.

About the author 

Marc Löffler

Marc Löffler ist Keynote-Speaker, Autor und Mentor für passionierte Scrum Master. Er befasst sich schon seit 2005 leidenschaftlich mit agilen Methoden, wie z.B. Scrum, Kanban oder eXtreme Programming. Bevor er mit dem Thema Agilität in Berührung gekommen war, hat er als zertifizierter Projektmanager (IPMA) bei Firmen wie Volkswagen, Siemens und EADS erfolgreich multinationale Projekte geleitet. Mit Begeisterung hilft er Unternehmen dabei, agile Werte zu verstehen und genau die Form von Agilität zu finden, die zum jeweiligen Unternehmen passt. Dabei nutzt er sein PASSION Modell, um die jeweilige Situation zu analysieren und sinnvolle nächste Schritte hin zur passionierten, agilen Organisation zu definieren. Er liebt es, neue Einsichten zu generieren, und unterstützt Unternehmen dabei, Probleme aus kreativen, neuen Blickwinkeln zu betrachten. Seit September 2018 ist er zertifizierter Professional Speaker GSA (SHB) mit der besten Keynote seines Jahrgangs. Im Jahr 2014 erschien sein Buch „Retrospektiven in der Praxis“ beim dpunkt.verlag. Im Jahr 2018 folgte das Buch „Improving Agile Retrospectives“ bei Addison Wesley. Im Februar 2022 folgte dann das Buch "Die Scrum Master Journey" beim BusinessVillage Verlag.

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